Warum Informationen der Schlüssel zum Erfolg sind
Im Sommer wird allerorten die Ferienzeit eingeläutet und die Urlaubssaison bricht an. Zugleich feiert die Oder-Partnerschaft in diesem Jahr ihr zehnjähriges Jubiläum.
Aus diesen Anlässen betrachten wir gemeinsam mit Martin Fennemann die Entwicklung des Tourismus im Gebiet der Oder-Partnerschaft. Seit 2007 arbeitet Martin Fennemann für die TMB Tourismus-Marketing Brandenburg GmbH im Bereich Auslandsmarketing. Er vertritt das Land Brandenburg bei den Partnertreffen der Tourismusorganisationen der Länder und Woiwodschaften der Oder-Partnerschaft. Im Interview blickt er auf die Zusammenarbeit zurück, erklärt, was die Oder-Partnerschaft für ihn ausmacht und verrät, was polnischen Touristen wichtig ist.
Herr Fennemann, was macht die Oder-Partnerschaft in Ihren Augen aus?
Es ist leichter zusammen zu arbeiten, wenn man sich persönlich kennt. Während wir die deutschen Kollegen schon lange gut kannten, haben sich erst durch die Oder-Partnerschaft gute Beziehungen zu den polnischen Kollegen entwickelt. Wir standen vorher nur mit Großpolen und zum Teil auch Lebus in Kontakt, die Niederschlesier und Westpommern kannten wir dagegen kaum. Das änderte sich durch die regelmäßigen Treffen im Kreise der vier Woiwodschaften und deutschen Bundesländer. Die Treffen boten den optimalen Rahmen, sich auszutauschen und anzunähern – insbesondere durch das Rahmenprogramm der Treffen, bei dem die Partner im Netzwerk durch die Regionen der Oder-Partnerschaft getourt sind und sich so vor Ort über die touristischen Ziele und Projekte der jeweiligen Region informiert haben. Durch diese persönlichen Kontakte und gemeinsamen Unternehmungen wurde die Kooperation viel leichter.Was waren aus Ihrer Sicht Highlights in der Zusammenarbeit?
Es gab mehrere Highlights. Eines war ganz klar die Internationale Tourismus Börse (ITB) im Jahr 2011. Dort stellten die Tourismusorganisationen aus den Regionen der Oder-Partnerschaft offiziell ihr grenzübergreifendes Tourismusnetzwerk vor, das auf die Bewerbung der touristischen Ziele der Oder-Region sowohl gegenüber den anderen Regionen der Oder-Partnerschaft selbst als auch gegenüber Drittmärkten abzielte. Vor Ort besiegelten wir Brandenburger offiziell die Kooperation mit der Tourismusorganisation Großpolen. Das war mein Highlight, da wir schon früh Kontakte geknüpft und die Zusammenarbeit von langer Hand angebahnt hatten. Es begann mit einem Workshop, in dessen Mittelpunkt die Frage stand: „Wie arbeitet ihr, wie arbeiten wir?“. Wir sprachen über Finanzierungsmöglichkeiten und Verwaltungsstrukturen und suchten Gemeinsamkeiten. Zu der Zeit hatten wir beide zum Beispiel ein Rad- und ein Wasserprojekt.
Wir stellten fest, dass wir die gleichen Interessen haben. So wurden wir Partner und lernten voneinander. Heute werben wir wechselseitig um Gäste – auf dem Brandenburg-Tag rühren wir die Werbetrommel für Urlaub in Großpolen; Großpolen wirbt unter seinen Einwohnern bei regionalen Messen für Reisen nach Brandenburg.
Neben dem Tourismusnetzwerk gelang es dann auch noch, die Deutsche Zentrale für Tourismus und das Polnische Fremdenverkehrsamt als Partner für das Netzwerk zu gewinnen. Und zu guter Letzt waren die bereits angesprochenen Partnermeetings für die Mitglieder der Oder-Partnerschaft ein Höhepunkt: Sie verbinden uns – durch Erkundungen der Woiwodschaften wie Westpommern, gemeinsame Schifffahrten auf der Oder und gemeinsame Unternehmungen wie Bowlingabende.
Was waren Rückschläge aus Ihrer Sicht?
Das Projekt hat einiges bewegt, doch nachdem die Erst-Finanzierung auslief, ist es ins Stocken geraten. (Anmerkung der Redaktion: Das Tourismusnetzwerk wurde von visitBerlin im Rahmen des Mittel- und Osteuropa-Netzwerkprogramms initiiert und somit 2011-2014 von der damaligen Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Frauen, aus EFRE-Fördergeldern und Eigenmitteln von visitBerlin finanziert. Ab 2014 haben sich Brandenburg, Großpolen sowie die nationalen Tourismusorganisationen DZT und POT an der Finanzierung beteiligt. )Deshalb treffen wir uns im September, um einen Fahrplan zum weiteren Vorgehen zu besprechen und zu schauen, welche Region welchen Beitrag leisten kann - wie auch immer er ausfallen mag. Ich bin in diesem Punkt zuversichtlich, denn wir alle wissen: Wenn es dieses Projekt nicht geben würde, dann müsste es erneut erfunden werden. Gerade jetzt, also mit dem Jubiläum des Nachbarschaftsvertrags, mehr grenzüberschreitenden Kooperationen usw., gibt es so viele Möglichkeiten, so viel Bewegung. Zudem sind wir längst eine Gemeinschaft, arbeiten in einem guten Gremium und können noch viele spannende Projekte auf die Beine stellen.Was unternehmen polnische Touristen in ihrem Urlaub in Brandenburg?
Unsere polnischen Gäste sind unsere Erfolgsgeschichte: Seit 2012 führen die Polen die Statistik der ausländischen Märkte an. In meiner Zeit konnten wir die Zahl der polnischen Besucher fast verdreifachen. Wir nutzen den Vorteil der geografischen Nähe. Während zum Beispiel Gäste aus der Schweiz einfliegen, können Polen aus Slubice einfach über die Brücke zu uns kommen. Sie shoppen, fahren Fahrrad und machen besonders gerne Wellness in unseren Thermen, von der Spreewald Therme bis zur Naturtherme Templin. Besonders stark ist etwa auch das Tropical Island in Polen positioniert – und Bier ist, wenn es um Deutschland geht, natürlich auch wichtig.Was müssen Hoteliers und Veranstalter beachten, wenn sie polnische Touristen wollen?
Entscheidend ist: Wer viele polnische Touristen will, muss vor allem Sprachbarrieren aus dem Weg räumen. Sonst kommen weniger Polen. Deutsch-Polnische Touristeninformationen allein reichen nicht. Alles steht und fällt damit, ob Hoteliers, Veranstalter und Co. auch polnischsprachigen Service vor Ort anbieten. Das gilt übrigens auch im Geschäftsreisetourismus. Ein Beispiel: Ich selbst habe sehr gute Erfahrungen mit unserer polnisch-sprachigen Facebook-Seite Odkryj Brandenburgię gemacht. Dort informieren wir jede Woche regelmäßig zu touristischen Attraktionen in Brandenburg auf Polnisch - mit Hilfe meiner polnischen Kollegen und Kolleginnen, die in Brandenburg bzw. Berlin leben. Die Reaktionen aus Polen sind enorm positiv.Grundsätzlich bleibt allerdings das Problem, dass man zu wenig voneinander weiß. Schlägt man Deutschen vor, Urlaub in Polen zu machen, fragen sich viele: Wie komme ich da hin? Welche Hotels bieten einen guten Standard? Welche Sehenswürdigkeiten gibt es? Hier müssen wir Transparenz schaffen und informieren. Ich selbst habe das nicht nur mit unserer Facebook-Seite, sondern zum Beispiel auch beim Brandenburg-Tag in Spremberg erfahren.
Dort waren wir mit einem Stand der Oder-Partnerschaft vor Ort und legten natürlich auch Prospekte zu den polnischen Regionen aus. Wir gingen zunächst davon aus, dass die Informationen zur Ostsee am besten bei den Besuchern ankommen. Doch tatsächlich waren die Großpolen-Prospekte am schnellsten vergriffen. Die Brandenburger interessierten sich offenbar sehr für ihren Nachbarn auf der anderen Seite der Oder, sie waren neugierig. Ich glaube: Sobald man genügend Informationen bereitstellt, ist es leicht die Menschen zu einem Besuch bei ihren Nachbarn zu animieren. Denn das Interesse ist da - auf beiden Seiten.
Herr Fennemann, vielen Dank für das Gespräch.
Bilder: Martin Fennemann, TMB-Fotoarchiv - Steffen Lehmann, Tropical Islands Holding GmbH, TMB-Fotoarchiv - Matthias Schäfer